Heimat zu deuten, brachte uns Knirpsen der Herr Lehrer Nowak ganz einfach und für immer klar bei. Da müsstet ihr euch auf dem Rathausturm neben den Wetterhahn setzen und sich mit ihm vom Wind herumdrehen lassen. Soweit da der Blick reicht, dort wo sich Himmel und Erde treffen, bis dort ist unsere Heimat.
Danach spickte jeder seinen Zirkel in die vor ihm liegende Landkarte von Schlesien, dort wo unsere Heimatstadt Cosel O/S vermerkt war und setzte den Stift am weitesten Punkt an, der bei schönem Wetter von uns zu sehen war, die Bischofskoppe, und zog einen Kreis der über Oppeln, Gleiwitz nach Ratibor und zurück zur Koppe führte. Nun wusste jeder Pfiffi aus unserer Klasse wie es um unsere Heimat stand.
Herr Lehrer Nowak erzählte uns über die Strassennamen und Menschen denen diese gewidmet waren. Da war neben unserem Platz die Sieblerstrasse, nach einem Schomsteinfegermeister und Feuewehrkapitän genannt, der sich sehr während der Belagerung der Festung Cosel durch die Truppen Napoleons bewährte, bei der Brandbekämpfung der durch den feindlichen Beschuss in der Stadt verursacht war. Oder der Kremserplatz mit den schönen Grünanlagen und den vielen Blumen, inmitten dessen der Springbrunnen und die Steinskulpturen von ausgelassenen Kinderfiguren die ihr Spiel mit den Wasserbogen trieben. Dieser war zum Gedenken des Bürgermeisters eingerichtet, dem man die Stadt umsäumende schöne Promenade, von uns Glassis genannt, verdankte. Das waren nicht nur Namen, das waren Tummelplätze, wo wir unsere Jugendstreiche spielten.
Und so verflochten sich Land, Leute, Geschichte und eigene Erlebnisse in ein Gewebe, in dem jeder Faden seine Bedeutung hatte. Das war eine unteilbare Einheit, die zerfallen musste, wenn man ihr irgend ein Glied amputierte. Es wäre, als hätte man uns etwas ganz persönliches geraubt.
Das ist leider Gottes eingetreten.
Was ist denn von der Heimat übriggeblieben, wenn ihre Geschichte nur verstümmelt anerkannt ist und wo einem die Beheimatung nicht unbedingt Glück bringen muss?
Nun bergen wir aus den Trümmern unserer geistigen Heimat was noch zu retten ist und versuchen sie einzurichten nach unserem Mass, nicht nur für uns, für unsere gesammte Mitbürgerschaft und wollen das Heimatgefühl um neue Dimensionen bereichern die
zu uns mitgebracht wurden von anderen Leuten, so um allen die es nur mögen das Gefühl hier bemeimatet zu sein zukommen zu lassen.
Die polnische Sprache asimilierte in letzter Zeit viele mit Wissenschaft und Technikverbundenen Begriffe. Das Wort Heimat lässt sich nich ins Polnische übersetzen, so wie es ein alter Schlonsak fühlt, wohl lässt es sich beschreiben.
Darum wollen wir es eben beschreiben um diese Sphäre geistig einzubürgem im heutigen Oberschlesien.
Die Eichendorff-Hefte sollen beitragen, daß wir uns hier wie eben daheim fühlen, alle, ich, Sie und viele andere. *
Komentarze
Was hat eine kleine Ortschaft am Fuße des Zobtenberges (Ślęża) mit den Farben der deutschen Flagge gemeinsam?
1813 wurden hier die Freiwilligen des Majors Ludwig Adolf Wilhelm von Lützow eingesegnet.
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